« Die Landeslotterie ist ein Segen »
Die Initiative « Für Geldspiele im Dienste des Gemeinwohls » ist von Persönlichkeiten aus Kultur und Sport lanciert worden. Es ist jedoch ein offenes Geheimnis, dass sie auch von den Kantonen unterstützt wird. Der Bündner Regierungsrat Claudio Lardi, Vorsteher des Erziehungs-, Kultur- und Umweltschutzdepartements, erklärt, welche Bedeutung die Lotteriegelder für die Förderung von Kultur und Sport im Kanton haben und weshalb sie unverzichtbar sind.
Herr Regierungsrat Lardi: Der Kanton Graubünden hat 2007 mehr als 11 Millionen Franken aus dem Reingewinn von Swisslos erhalten. Wofür setzt der Kanton dieses Geld ein?
Wir unterstützten damit Sport- und Kulturveranstaltungen. Nicht vergessen darf man auch die Denkmalpflege. Für kulturelle Projekte standen im letzten Jahr mehr als 8 Millionen Franken zur Verfügung, für den Sport gut 3 Millionen. Wenn man von Kultur spricht, ist oft von Leuchttürmen die Rede. Wir haben aber einen breiten Kulturbegriff. Die Lotteriegelder erlauben uns, sowohl die professionelle Hochkultur zu fördern als auch die im Alltag verankerte Volkskultur. Wir können damit überall im Kanton, wo etwas produziert wird im kulturellen Bereich, Unterstützung leisten. Das ist oft nicht bekannt, aber die Leute vor Ort merken dassehr. So werden Projekte ermöglicht, die sonst nicht realisiert werden könnten.
Wie hoch ist der Betrag von Lotteriefondsbeiträgen für Kultur im Verhältnis zum ordentlichen Kulturbudget des Kantons?
Im Amt für Kultur haben wir jährlich einen Aufwand von rund 26 Millionen Franken, finanziert wird damit aber auch die ganze Verwaltung. Aus dem Topf der Landeslotterie kommen jährlich 8 bis 9 Millionen dazu, die für Projekte eingesetzt werden können. Dafür sind wir sehr dankbar. Die Gelder der Landeslotterie geben der Regierung einen gewissen Spielraum, unabhängig vom ordentlichen Budget kulturelle Veranstaltungen zu finanzieren.
Im Kanton Graubünden herrschen mit seinen drei Sprachen, dem grossen Kantonsgebiet und der grossen kulturellen Vielfalt spezielle Verhältnisse. Wie wichtig sind in diesem Kontext die relativ frei einsetzbaren Mittel aus dem Lotteriefonds?
Sie sind lebensnotwendig. Dank der Gelder aus dem Lotteriefonds können kulturelle Aktivitäten auf dem ganzen Kantonsgebiet unterstützt werden, die sich sonst vor allem in den Zentren konzentrieren würden. Die Lotteriefondsgelder sind oft eine Art Anschubfinanzierung. Im letzten Jahr konnten mit dieser Unterstützung in Graubünden kulturelle Anlässe für 70 bis 80 Millionen Franken realisiert werden. Das ist gut investiertes Geld.
Welche Konsequenzen hätte es für den Kanton, wenn diese Erträge substanziell zurückgehen würden?
Das wäre für uns sehr schwierig, bei der Kultur wie auch beim Sport. Denn wir wären gezwungen, diese Beträge in der ordentlichen Staatsrechnung zu budgetieren. Kultur und Sport sind aber nur zwei von vielen « Grundnahrungsmitteln », die der Kanton braucht. Das heisst, Kultur und Sport würden in Konkurrenz treten zu anderen wichtigen Aufgaben des Kantons, die auch finanziert werden müssen, und wir würden uns mit unseren Anliegen nicht immer durchsetzen. Die Folge wäre eine kulturelle Verarmung im Kanton Graubünden.
Jetzt haben Kreise aus Kultur und Sport die Initiative « Für Geldspiele im Dienste des Gemeinwohls » lanciert. Die Kantone unterstützen die Initiative. Weshalb tun sie das, und was versprechen sie sich davon?
Wir müssen zur Kultur Sorge tragen, und wenn wir das wollen, müssen wir zur Landeslotterie Sorge tragen. Es gibt eine klare Verbindung zwischen dem, was dank der Mittel aus dem Lotteriefonds möglich wird, und dem kulturellen Leben im Kanton. Es ist sehr wichtig, dass diese Mittel hier im Kanton ausgegeben werden. Auch der Verteilschlüssel ist transparent, fair und nachvollziehbar, indem die Gelder nach der Bevölkerungszahl und dem Spielertrag an die einzelnen Kantone ausgeschüttet werden. Die Meinung, man könne auf andere Sponsoren zurückgreifen, wenn diese Gelder wegfallen, ist eine Illusion. Die Mittel aus dem Lotteriefonds werden auch ohne Hintergedanken gesprochen – wir wollen nicht für irgendetwas Werbung machen oder Produkte verkaufen. Unser einziges Ziel ist die Förderung der Kultur und des Sports.
Die Initiative will den Status quo zementieren, das heisst, die Kantone sollen weiterhin für die Lotterien zuständig sein, und die Gewinne müssen für das Gemeinwohl eingesetzt werden. Besteht im Moment überhaupt Handlungsbedarf? Die Revision des Lotteriegesetzes ist auf Eis gelegt, nachdem die Vernehmlassung vernichtend ausgefallen ist, und die Kantone haben das Lotteriewesen in einem Konkordat geregelt.
Die Politik reagiert auf Druck. Mit dieser Initiative, die ich für notwendig halte, können wir die Diskussion führen und den Kulturschaffenden die Wichtigkeit dieser Institution vor Augen führen. Es geht darum, den Status quo zu sichern, aber es geht auch um die Möglichkeit zu erklären, weshalb die Landeslotterie, so wie sie heute besteht, ein Segen ist. Alles, was gut funktioniert, wird häufig nicht zur Kenntnis genommen. Das gilt auch für das System der Landeslotterie.
Dank dem Geld aus dem Lotteriefonds wurden im letzten Jahr in Graubünden kulturelle Anlässe für 70 bis 80 Millionen Franken realisiert. Das ist gut investiertes Geld.
Swisslos führt im Auftrag der Kantone die Lotterien in der Deutschschweiz durch, in der Westschweiz ist es die Loterie Romande. Mit der Initiative wird versucht, dieses Monopol zu zementieren und einer Liberalisierung der Lotterien einen Riegel zu schieben. Braucht es dieses Lotteriemonopol?
Was ist die Alternative? Eine Liberalisierung würde bedeuten, dass die Gewinne privatisiert würden. Das Geld würde in die Tasche von Unternehmen fliessen, die alles andere als die Kultur oder den Sport im Sinn haben, während die Kulturschaffenden überallim Land das Nachsehen hätten. Wenn weniger Geld zur Verfügung steht, hat das negative Folgen für die Kulturschaffenden und die kulturelle Vielfalt, das ist klar. Deshalb müssen wir uns dafür einsetzen, dass das nicht passiert.
Die Auseinandersetzung um die Liberalisierung der Lotterien ist auch ein Ringen zwischen den Kantonen und dem Bund um die Hoheit bei den Geldspielen. Bisher lag die Ausrichtung der Lotterien in der Kompetenz der Kantone. Weshalb muss das aus Ihrer Sicht so bleiben?
Never change a winning team! Das System funktioniert gut und mit wenig administrativem Aufwand. Wir sehen überhaupt nicht ein, weshalb man hier etwas ändern sollte. Es muss nicht alles staatlich organisiert werden. Gerade die Landeslotterie ist aber ein Beispiel dafür, dass es gut funktionieren kann, wenn die Verhältnisse überschaubar sind, das heisst, die Kompetenzen bei den Kantonen liegen. Ich bin auch Mitglied der Erziehungsdirektorenkonferenz und würde mir wirklich nicht wünschen, dass alle Entscheide in diesem Bereich von einem Bundesamt gefällt werden. Die Kantone sind durchaus in der Lage, sich zu verständigen und gemeinsame Lösungen zu erarbeiten.
Die Konkurrenz aus dem Ausland, vor allem via Internet, wird für die nationalen Lotterieanbieter zu einem immer grösseren Problem. Ist die Initiative ein probates Mittel dagegen?
Da gibt es vermutlich gescheite Leute, die darüber nachdenken. Wir müssen prüfen, ob wir selber Konkurrenzprodukte aufschalten sollen. Doch die Globalisierung können wir mit der Initiative nicht aufhalten.
Ist es überhaupt möglich, dem Liberalisierungsdruck zu widerstehen? Die Liberalisierungs-Lobby scheint sehr stark zu sein, auch in der EU ist die Liberalisierung der Lotterien ein Thema.
Wenn man überzeugt ist, dass man etwas Gutes tut, darf man sich nicht entmutigen lassen. Wir machen jetzt, was möglich ist, wir spielen unser Spiel mit den Mitteln, die uns zur Verfügung stehen. Dazu gehört die Initiative. Am Schluss kann sich die Bevölkerung für das eine oder andere entscheiden. Im Moment geht es darum, auf die Folgen einer unnötigen Liberalisierung des Lotteriewesens aufmerksam zu machen.
Glauben Sie, dass das gelingt?
Wenn wir aufzeigen können, wofür dieses Geld eingesetzt wird, bin ich zuversichtlich. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es im Kanton Graubünden eine Mehrheit geben könnte, die dagegen ist.
[ss_social_share]